über mich

Mich interessiert die Fülle, die in der Einfachheit verborgen liegt, sowie die Spuren und Sperrigkeiten gefundener Dinge und besonderer Künstlermaterialien. Nur zu gern lasse ich mich ein auf Zeichen der Zeit auf gewählten Malgründen, auf die Empfindlichkeit der rohen Leinwand, das Raue, aber feinstoffliche des japanischen Papiers, die nicht mehr benötigten Linien in alten Kassenbüchern, die ihre Funktion in einem anderen Zeitalter verloren haben.
Ich arbeite mit der linken wie mit der rechten, dominanten Hand und lasse mich überraschen, was welche tun möchte. Statt zu montieren nähe ich mitunter Fragmente zusammen. Meinen Pinsel verlängere ich manches Mal provisorisch mit einem Stab, hierdurch „wird die Hand geschwächt und das Sanfte gestärkt“**. Meine künstlerischen Ergebnisse erreiche ich gern auf Umwegen; mein Wunsch ist es hierbei, dass das Kunstwerk, das ich dem Betrachter anvertraue, etwas von der Schönheit dieses Weges vermittelt.
Meine Arbeitsweise, die ich oben versuche, in Worte zu fassen, kann andeutungsweise mit dem japanischen Wabi-Sabi beschrieben werden. Weglassen fordert mich mehr als Hinzufügen. Meine Werke sind still, nicht laut. Ein ästhetisches Gleichgewicht zu finden, im richtigen Moment das Geschaffene stehen zu lassen, etwas nicht fertig zu machen, um festzustellen, dass das Werk an genau diesem Punkt vollendet ist, macht für mich persönlich den kreativen Prozess aus.

Trotz aller Einfachheit und Achtsamkeit arbeite ich sehr kraftvoll und energetisch, dies ist meine Natur. Darin besteht kein Widerspruch, die Herausforderung ist, die Balance zu finden zwischen bedächtiger Stille und einem Energiepotential, das mir eigen ist und welches ich im Werk idealerweise kanalisiere. Meine Intention ist es, dem Rezipienten (und auch mir selbst!) Kraft und Kontemplation in Harmonie und Schönheit nahezulegen.

Meine geistige Welt hat Raum für vielfältige Einflüsse. Die Positionen der Arte Povera, des Informell und des Mono-Ha interessieren mich unter zahlreichen Aspekten. Ich schätze „arme“ Materialien sowie Assemblagetechniken; in der Malerei ist die immerwährende Auseinandersetzung mit Abstraktion, Geste und Farbmaterialität ganz entscheidend. Die Kontemplation während des Malens bei Lee Ufan, das Kalligrafische bei Joan Mitchell und die großformatigen Tuschearbeiten von Albert Oehlen begeistern mich; Rauschenberg und Franz Ehrhard Walther betrachte ich unter anderem bezüglich ihrer Auseinandersetzung mit Werkstoffen, die keine genuinen Künstlermaterialien sind. Nicht zuletzt möchte ich Martha Jungwirth erwähnen, deren starke Persönlichkeit mich beeindruckt, wie auch ihr Werk.

Meine Kindheit und Jugend waren geprägt von künstlerisch begabten und aktiven Familienmitgliedern und Persönlichkeiten. 1974 in Stettin geboren zog ich mit meiner Familie 1985 nach München. Da mein Vater Ingenieur auf einem Handelsschiff war, durfte ich auch das Leben auf dem Meer erleben, das Nomadische ist mir nicht fremd. Trotz oder wegen der Tatsache, dass meine Familie mit der künstlerischen Bohème vertraut war, bestanden meine Eltern darauf, dass ich meinem Wunsch, Fotografie zu studieren, nicht nachkam, sondern stattdessen eine Wirtschaftslehre absolvierte. Auf diese Weise bin ich heute unabhängig und vollkommen frei Künstlerin zu sein und ein wenig „gegen den Strich“ zu leben, wie es meiner Persönlichkeit entspricht.
Meinen Lehrern Matthias Dornfeld und Boban Andjelkovic bin ich zu Dank verpflichtet, sie couragieren und fordern mich. Aktuell absolviere ich mein Meisterschülerjahr bei Dornfeld an der privaten Akademie der bildenden Künste Kolbermoor. Mein Atelier in der Nähe von München bietet mir einen Ort der Ruhe und Kontemplation, nichtsdestotrotz empfange ich hier gerne Interessierte. Die obengenannten Einflüsse und meine Herkunft bilden ein Geflecht, von dem ich mich energetisch getragen fühle.

*Anfang dieses Haiku von Jakuren (12.Jhdt):

To be alone
it is a color that
cannot be named:
This mountain where cedars rise Into the autumn dusk.

** Sonja Allgaier sehr treffend über meinen Malprozess (2024 zur Ausstellung in der Münchner Orangerie).